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Die Genese des modernen Antiziganismus im deutschsprachigen Raum: Aufklärung, Kapitalismus und Staatenbildung
Vortrag von Dr. Laura Soréna Tittel
21. November 2022 | 19 Uhr
Pädagogische Hochschule Heidelberg | Altbau Aula 011a
Die Herausbildung des modernen Antiziganismus lässt sich anhand dreier großer Stränge gesellschaftlicher Entwicklung verstehen: Erstens entstand mit der Durchsetzung des kategorialen Denkens in der Aufklärung eine neue Basis für eine hierarchisierende Differenzierung zwischen Menschen. Zweitens findet sich im Kapitalismus eine spezifische Funktionslogik wieder, die ungleicher Verhältnisse bedarf und diese immer wieder herstellt. Und drittens bildeten sich moderne Nationalstaaten, die sich als Sicherheitsgaranten legitimieren und durch Bedrohungsnarrative von außen speisen. Antiziganismus ist auf unterschiedliche Art und Weise mit diesen gesellschaftlichen Großentwicklungen verwoben; er ergibt sich aus diesen und verfestigt sie zugleich. Wie sich Antiziganismus innerhalb dieser gesellschaftlichen Bezugsrahmen institutionell verfestigte und letztlich zur Kriminalisierung von Armut und rassistischen Abwertung von Menschen, die als „Zigeuner“ oder „Zigeunerinnen“ stigmatisiert wurden, beitrug, wird für den deutschsprachigen Raum exemplarisch anhand von Gesetzestexten und bildlichen Darstellungen durch polizeiliche Institutionen analysiert und gesellschaftstheoretisch eingeordnet.
Dr. Laura Soréna Tittel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet Politische Theorie und Ideengeschichte an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Dort forscht sie seit 2018 im DFG-Sonderforschungbereich „Dynamiken der Sicherheit“ zu antiziganistischen Versicherheitlichungspraktiken. In diesem Rahmen entstand auch ihre Doktorarbeit zum Thema „Umrisse einer Theorie des Antiziganismus“ (im Erscheinen).